Früherkennung von Prostatakrebs: Was Männer wissen müssen

Ein Arzt im weißen Kittel spricht mit einem Patienten während einer Beratung zur Prostatakrebs Früherkennung, um individuelle Vorsorgeoptionen zu besprechen.

Stellen Sie sich vor: Jedes Jahr erhalten in Deutschland etwa 70.000 Männer eine Diagnose, die ihr Leben grundlegend verändert – Prostatakrebs. Als häufigste Krebserkrankung bei Männern macht sie rund ein Viertel aller männlichen Krebserkrankungen aus. Obwohl die Krankheit meist langsam fortschreitet, verlieren jährlich etwa 12.000 Männer den Kampf gegen diese tückische Erkrankung. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit dem Thema Früherkennung auseinanderzusetzen – auch wenn dies bedeutet, die Abwägung zwischen dem Nutzen der Früherkennung und den Risiken von Überdiagnosen sowie möglichen Überbehandlungen vorzunehmen.

Früherkennung: Eine persönliche Entscheidung

Die Deutsche Krebshilfe spricht eine klare Empfehlung aus: Männer sollten sich umfassend über die Vor- und Nachteile der Prostatakrebs-Früherkennung informieren und gemeinsam mit ihrem Arzt eine individuelle Entscheidung treffen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie empfiehlt den PSA-Test ab dem 45. Lebensjahr, bei familiärer Vorbelastung bereits schon ab 40 Jahren.

Der PSA-Wert hängt von vielen Einflussgrößen ab. Ein wesentlicher Faktor ist die Größe der Prostata. Je größer die Drüse, desto höher ist auch der PSA-Wert. Daher ist es auch sinnvoll, den PSA-Wert in Bezug auf die Prostatagröße zu werten und die PSA-Dichte zu berechnen. Werte >0,15 gelten als auffällig. Andere Einflussgrößen sind z. B. Entzündungen oder Manipulationen im Bereich der Prostata (z.B. Blasenspiegelung oder Katheterisierung).

Die medizinischen Leitlinien vermeiden bewusst eine pauschale Empfehlung für oder gegen die Früherkennung. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die PSA-gestützte Früherkennung die Sterblichkeit an Prostatakrebs senken kann. Dennoch besteht das Risiko, wenig aggressive Tumore ohne aktuelle Bedeutung für den Patienten zu diagnostizieren. Die Empfehlung lautet daher, dass Männer ab 45 Jahren mit einer Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren ausführlich über die Möglichkeiten und Grenzen der Früherkennung aufgeklärt werden sollten.

Der PSA-Test: Chancen und Risiken

Der PSA-Test ist ein zentrales Element der Früherkennung. Dabei wird die Konzentration des prostataspezifischen Antigens im Blut gemessen. PSA ist ein Eiweiß, das von der Prostata produziert wird. Ein erhöhter PSA-Wert kann auf Prostatakrebs hinweisen, ist jedoch nicht spezifisch für diese Erkrankung. Auch gutartige Veränderungen wie eine Prostatavergrößerung oder -entzündung können zu erhöhten Werten führen.

Bei der Interpretation des PSA-Wertes spielen mehrere Faktoren eine Rolle:

  • Die PSA-Geschwindigkeit (Veränderung des Wertes über die Zeit)
  • Der prozentuale Anteil des freien PSA
  • Die PSA-Dichte (PSA-Wert im Verhältnis zum Prostatavolumen)

Eine aufschlussreiche Statistik verdeutlicht die Bedeutung des Tests: Betrachtet man 1000 Männer zwischen 55 und 69 Jahren über einen Zeitraum von 10 Jahren, zeigen sich deutliche Unterschiede: Ohne PSA-Test erkranken 62 Männer an Prostatakrebs, wovon 6 versterben. Mit regelmäßigem PSA-Test werden zwar mehr Erkrankungen (101) diagnostiziert, aber nur 4 Männer versterben an den Folgen.

Vorteile des PSA-Tests:

  • Frühzeitige Tumorerkennung ermöglicht bessere Heilungschancen
  • Weniger invasive Behandlungsoptionen sind möglich
  • Reduziertes Risiko für Metastasen
  • Geringere Sterblichkeitsrate
  • Verbesserte Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung

Nachteile des PSA-Tests:

  • Mögliche Diagnose langsam wachsender Tumore
  • Falsch-positive Ergebnisse können Ängste auslösen und psychisch belastend sein
  • Risiko von nicht notwendigen Maßnahmen
  • Mögliche Folgen wie Inkontinenz und Erektionsstörungen nach einer Behandlung

Die digitale rektale Untersuchung

Die Tastuntersuchung, auch digital-rektale Untersuchung (DRU) genannt, gehört zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm und steht Männern ab 45 Jahren jährlich zur Verfügung. Im Gegensatz zum PSA-Test, der als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten wird, ist die Tastuntersuchung Teil der regulären Früherkennung.

Die Tastuntersuchung erreicht nur den Teil der Prostata, der zum Enddarm gelegen ist. Hier treten zwar viele Tumorerkrankungen auf, aber bei weitem nicht alle. Zudem sind nicht alle Tumore tastauffällig.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den nächsten Leitlinienaktualisierungen die Tastuntersuchung nur noch bei einem auffälligem PSA-Wert empfohlen wird.

Vor- und Nachteile der Tastuntersuchung:

Vorteile:

  • Einfache Durchführung, von vielen jedoch als unangenehm empfunden
  • Keine zusätzlichen Instrumente erforderlich
  • Teil der gesetzlichen Früherkennung

Nachteile:

  • Erkennt nur Tumore in Reichweite des untersuchenden Fingers
  • Kleine Tumore werden nicht erkannt
  • Nur etwa ein Drittel der Erkrankungen wird erkannt
  • Ungünstig gelegene Tumore bleiben unentdeckt

Innovative Entwicklungen in der Früherkennung

Die Forschung macht kontinuierlich Fortschritte. Ein vielversprechender Ansatz ist der Stockholm3-Test, der verschiedene Biomarker im Blut analysiert und genetische Informationen mit klinischen Daten kombiniert.

Dieser Test ist für Patienten zwischen 45 und 74 Jahren geeignet, bei denen z.B. ein Tastbefund oder ein auffälliger PSA-Wert besteht. Ziel ist eine präzisere Risikoabschätzung und die Vermeidung unnötiger Biopsien.

Den Stockholm3-Test können Sie auch bei uns durchführen lassen.

Früherkennung mittels Mikroultraschall?

Normale Ultraschallsonden haben keine ausreichende Auflösung um Prostatakrebsherde von gesunden Prostatabereichen abzugrenzen.

Als einzige Klinik in der Region verfügen wir über ein derartiges Mikroultraschallgerät (ExactVu). Der Schallkopf arbeitet mit 29 MHz (herkömmliche Schallköpfe 5-7,5 MHz). Hierdurch lassen sich auffällige Bereiche besser identifizieren. Ähnlich dem PIRADS System beim Prostata-MRT werden Veränderungen mittels der PRIMUS Klassifikation bewertet.

Die Biopsie als sicherer Diagnoseweg

Die Biopsie ist der Goldstandard für die Diagnose von Prostatakrebs. Bei diesem Verfahren werden Gewebeproben aus der Prostata entnommen und feingeweblich untersucht, um gesunde Zellen von Tumorzellen zu unterscheiden.

Die Biopsie sollte nicht mehr als systematische Biopsie durch den Enddarm durchgeführt werden. Hierbei erfolgt die Probenentnahme zwar ultraschallgesteuert, aber „blind“. Im MRT oder im Mikroultraschall auffällige Bereiche werden nur „zufällig“ erreicht. Die Krebserkennungsrate liegt hier bei nur etwa 30%.

Durch die Entnahme der Proben durch den keimbesiedelten Enddarm besteht zudem ein relativ hohes Risiko für eine Prostataentzündung. Diese geht mit hohem Fieber einher und Bedarf häufig einer Krankenhausbehandlung mit intravenöser Antibiose.

Bei uns erfolgt die Biopsie vom Damm aus, und auffällige Areale im MRT werden fusioniert. Das Verfahren wird perineale Fusionsbiopsie genannt. Hierdurch werden Tumore sehr sicher gefunden, die Rate von positiven Biopsien beträgt über 70%.

Vor- und Nachteile der perinealen Fusionsbiopsie:

Vorteile:

  • sehr genaue Tumorlokalisation im Rahmen einer Fusionsbiopsie, somit
  • Hohe Detektionsrate
  • Vermeidung überflüssiger weiterer Biopsien
  • Die Probeentnahme sollte über den Damm erfolgen, da hierbei
  • Sehr niedriges Risiko für Entündungen

Nachteile:

  • Risiko von Komplikationen (Fieber, Infektionen, Blutungen)
  • Geringes Restrisiko, dass der Tumor nicht erkannt wird

Aggressivität des Tumors und Risikogruppen

Ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Aggressivität von Prostatakrebs ist der Gleason-Score. Dieser wird vom Pathologen anhand des Biopsiematerials ermittelt und reicht von 6 (wenig aggressiv) bis 10 (sehr aggressiv). Der Score spielt eine wichtige Rolle bei der Wahl der Therapie.

Der Gleason-Score setzt sich aus zwei Zahlen, die die Aggressivität der Tumorzellen abbilden zusammen. Die Aggressivität der Tumorzellen wird vom Pathologen auf einer Skala von 3 bis 5 festgestellt. 3 bedeutet wenig aggressiv, 4 mittelaggressiv und 5 sehr aggressiv. Häufig werden unterschiedlich aggressive Zellen innerhalb des Tumors festgestellt. Der häufigste Aggressivitätsgrad wird an erster Stelle, der zweithäufigste an zweiter Stelle. Z.B. 3+4=7. Wenn sich nur ein Zelltyp findet, wird dieser zweimal aufgeführt, z.B. 3+3=6.

Zur leichteren Einteilung der Aggressivität des Tumors hat die International Society of Urological Pathology (ISUP) 5 Gruppen definiert:

  • Gleason 3+3=6 ISUP 1
  • Gleason 3+4=7 ISUP 2
  • Gleason 4+3=7 ISUP 3
  • Gleason 4+4=8 ISUP 4
  • Gleason 4+5=9 und höher ISUP 5

Klinische Risikogruppen

In der Beurteilung der Gesamtsituation erfolgt eine Einteilung in niedriges, mittleres und hohes Risiko (low risk, intermediate risk und high risk).
Hier gehen weitere Faktoren wie Höhe des PSA-Wertes und lokale Tumorausdehnung mit ein.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlungsoptionen sind vielfältig:

Aktive Überwachung (active surveillence): Bei niedrig Risiko Situationen kann zunächst beobachtet und regelmäßig kontrolliert werden. PSA-Tests, Tastuntersuchungen, MRT-Kontrollen und Wiederholungsbiopsien gehören zur aktiven Überwachung. Ziel ist es den Zeitpunkt an dem eine lokale Therapie mit dem Ziel der Heilung erforderlich wird nicht zu verpassen.

Fokale Therapie: Bei einem kleineren Teil der Patienten findet sich das Karzinom nur an einer Stelle der Prostata. In diesen Fällen kann eine Behandlung nur dieses Bereiches erwogen werden. Hierfür eignet sich am besten die HIFU-Methode. HIFU bedeutet Hoch Intensiver Fokussierter Ultraschall. Die Schallwellen werden in einem Brennpunkt fokussiert, es entsteht Hitze. Hierdurch werden die Tumorzellen verkocht. Die Behandlung erfolgt in Narkose und über den Enddarm.
Wir bieten, als eines von wenigen Zentren diese Therapie bei uns an.

Operation: Die radikale Prostatektomie entfernt die Prostata vollständig. Dies kann sowohl offen chirurgisch als auch minimal-invasiv (laparoskopisch oder roboterassistiert) erfolgen. Mögliche Folgen sind Inkontinenz und Erektionsstörungen.
Der Standard ist zwischenzeitlich die roboter-assistierte Prostatektomie. Wir sind hierauf besonders spezialisiert. Durch die weltweit führende Erfahrung von Dr. Witt sind Kontinenzprobleme sehr selten und die Erektion kann in vielen Fällen erhalten werden.

Strahlentherapie: Anwendbar von außen (perkutan) oder innen (Brachytherapie). Die Behandlung kann allein oder in Kombination mit Operation oder Hormontherapie erfolgen.

Hormontherapie: Eine Therapieform für fortgeschrittene Tumorsituationen. Basiert auf der Senkung des Testosteronspiegels, da Prostatakrebszellen dieses Hormon zum Wachstum benötigen. Sie wird heute oft kombiniert mit Androgenrezeptor Signalweg Inibitoren (Tabletten) eingesetzt.

Chemotherapie: Kommt oft bei fortgeschrittenem, hormonresistentem Prostatakrebs zum Einsatz.

Radionuklidtherapie: Bei Metastasen und Versagen anderer Therapieformen kann ein Kurzstreckenstrahler an ein Eiweiß gebunden werden. Die Substanz wird dann über die Vene verabreicht und bindet an Tumorzellen. Diese werden durch den radioaktiven Stahler dann zerstört.

Unterstützung und Beratung

Der Weg mit der Diagnose Prostatakrebs muss nicht allein gegangen werden.
Oft ist es sinnvoll den gesamten Körper zu betrachten, um festzustellen, welche zusätzlichen Möglichkeiten bestehen, um eine Heilung oder Verbesserung der Situation zu erreichen.
Hierfür bieten wir eine besondere Sprechstunde an. PD Dr. M. Mathers ist ausgewiesener Spezialist für Andrologie und berät und unterstützt unsere Patienten bei der Verbesserung der körperlichen Fitness, des Fett- oder Zuckerstoffwechsels, der Gewichtssituation und anderen Begleitproblematiken.
Viele wissenschaftliche Daten zeigen, dass neben der organbezogenen Krebstherapie eine holistische Betrachtung des ganzen Körpers sinnvoll ist. Hierdurch werden die Langzeitergebnisse optimiert.
Weitere seriöse Informationen bieten z. B. folgende Stellen:

Fazit

Als Spezialisten für roboterassistierte Prostataoperationen sehen wir täglich, welch entscheidenden Unterschied eine frühzeitige Erkennung von Prostatakrebs macht. Unsere langjährige Erfahrung mit über 10.000 roboterassistierten Eingriffen zeigt deutlich: Je früher ein Tumor erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen für den Patienten.

Wir sind der Meinung, dass jeder Mann über 45 seinen PSA-Wert kennen sollte. Wir empfehlen daher allen Männern ab 45 Jahren, regelmäßig ihren Hausarzt oder Urologen für Früherkennungsuntersuchungen (Vorsorge) aufzusuchen. Dort können sie sich ausführlich über die verschiedenen Möglichkeiten der Früherkennung beraten lassen und gemeinsam entscheiden, welche Untersuchungen für sie sinnvoll sind. Diese erste Anlaufstelle ist von unschätzbarem Wert – denn nur wenn ein Tumor frühzeitig erkannt wird, können wir als spezialisierte Operateure die volle Bandbreite unserer modernen Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere der präzisen roboterassistierten Chirurgie, optimal einsetzen.

Alternativ stehen wir selbstverständlich auch für Früherkennungsuntersuchungen zur Verfügung.
Die Entwicklung innovativer Diagnosemethoden wie des Stockholm3-Tests zeigt, dass die Früherkennung kontinuierlich verbessert wird. Dies ermöglicht uns als behandelnde Ärzte, noch gezielter und schonender zu therapieren. Sollte sich bei Ihnen der Verdacht auf Prostatakrebs bestätigen, stehen wir als Spezialisten für die weitere Behandlung zur Verfügung und entwickeln gemeinsam mit Ihnen die optimale Therapiestrategie.

Auf sozialen Medien sind wird demnächst erreichbar.